Wie lange überlebt man, wenn man über Bord geht?

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Stürzt man ins kalte Meer, wird der Aufprall zum ersten Problem. Überlebt man diesen, entscheidet die Wassertemperatur über das weitere Schicksal. Bei 4,5 Grad droht innerhalb von 30 Minuten tödliche Unterkühlung, bei 10 Grad etwa nach einer Stunde.

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Über Bord gegangen: Die entscheidenden Minuten im kalten Wasser

Ein Sturz über Bord – ein Szenario, das selbst erfahrene Seeleute in Atem hält. Die unmittelbare Gefahr ist nicht nur das Ertrinken, sondern vor allem die lebensbedrohliche Unterkühlung. Wie lange man im kalten Wasser überlebt, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, die weit über die reine Wassertemperatur hinausgehen.

Der erste Schock beim Aufprall auf die Wasseroberfläche ist erheblich. Ein kalter Schlag, der den Atem rauben und zu Orientierungslosigkeit führen kann. Diese ersten Sekunden sind entscheidend. Wer hier in Panik gerät und unkontrollierte Bewegungen macht, verbraucht wertvolle Energie und beschleunigt die Unterkühlung. Ruhe bewahren und die Atmung kontrollieren sind die obersten Gebote.

Die Wassertemperatur ist der wichtigste Faktor für die Überlebenszeit. Die Faustregel “30 Minuten bei 4,5 Grad, eine Stunde bei 10 Grad bis zur tödlichen Unterkühlung” ist eine grobe Vereinfachung. Sie berücksichtigt nicht individuelle Faktoren wie Körpergewicht, Fettanteil, Fitnesslevel, Kleidung und den Grad der körperlichen Anstrengung. Ein gut trainierter, adipöser Mensch mit Neoprenanzug überlebt deutlich länger als ein dünner, untrainierter Mensch in leichter Kleidung.

Weitere entscheidende Faktoren:

  • Bewegungslosigkeit: Jede Bewegung beschleunigt den Wärmeverlust. Die sogenannte “Help”-Position (Heat Escape Lessening Posture, HELPS) – mit angezogenen Knien an die Brust gezogen und die Arme um die Knie geschlungen – reduziert den Wärmeverlust erheblich.

  • Kleidung: Dicke Kleidung, insbesondere Neoprenanzüge, bieten einen erheblichen Schutz vor Unterkühlung. Auch ein einfacher Rettungsoverall kann die Überlebenszeit deutlich verlängern.

  • Wasserströmung: Starke Strömungen erhöhen den Wärmeverlust und erschweren das Schwimmen.

  • Wind und Regen: Windkühlung verstärkt den Wärmeverlust deutlich. Regen durchnässt die Kleidung und beschleunigt die Unterkühlung.

  • Individuelle Faktoren: Alter, Vorerkrankungen und der allgemeine Gesundheitszustand spielen eine entscheidende Rolle.

Überlebensschancen erhöhen:

Neben dem Tragen von geeigneter Kleidung ist die vorbeugende Vorbereitung unerlässlich. Ein persönliches Rettungssystem (PRS) mit Signalmitteln wie Pfeife, Rettungsboje und Leuchtmittel erhöht die Chance, rechtzeitig gerettet zu werden. Regelmäßiges Training im Umgang mit dem PRS und das Wissen über Notfallmaßnahmen sind ebenfalls essentiell.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Es gibt keine pauschale Antwort auf die Frage, wie lange man nach einem Sturz über Bord überlebt. Die Überlebenszeit ist stark abhängig von einer Vielzahl interagierender Faktoren. Die Konzentration auf Ruhe, die richtige Körperhaltung und die Nutzung von Hilfsmitteln, sowie die präventive Vorbereitung sind jedoch entscheidend, um die Überlebenschancen zu maximieren. Jede Sekunde zählt.