Wie erkennt man, ob eine Lösung übersättigt ist?

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Kühlt man eine gesättigte Lösung langsam ab, entsteht zunächst eine metastabile, übersättigte Phase. Dieser Zustand ist instabil; geringste Störungen, wie das Einbringen eines Kristallkeims, lösen die Ausfällung des überschüssigen gelösten Stoffes aus und führen zur Sättigung. Die übersättigte Lösung ist somit dynamisch labil.
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Übersättigte Lösungen: Ein fragiler Gleichgewichtszustand

In der Chemie begegnen wir häufig dem Begriff der „Sättigung“ im Zusammenhang mit Lösungen. Eine gesättigte Lösung enthält die maximal mögliche Menge an gelöstem Stoff bei einer gegebenen Temperatur und einem gegebenen Druck. Doch es gibt einen Zustand, der oberhalb der Sättigung liegt: die Übersättigung. Wie erkennt man diesen instabilen, aber faszinierenden Zustand?

Eine übersättigte Lösung enthält mehr gelösten Stoff, als es eigentlich bei der gegebenen Temperatur und dem gegebenen Druck möglich wäre. Sie repräsentiert ein metastables Gleichgewicht – ein scheinbar stabiler Zustand, der aber durch geringste Störungen aus dem Gleichgewicht gebracht werden kann. Man könnte sie als einen dynamischen, labilen Zustand bezeichnen.

Die Bildung einer übersättigten Lösung gelingt meist durch vorsichtiges Abkühlen einer gesättigten Lösung. Wird eine gesättigte Lösung langsam abgekühlt, bleibt der gelöste Stoff zunächst in Lösung, obwohl er bei der niedrigeren Temperatur eigentlich ausfallen sollte. Die Teilchen des gelösten Stoffes befinden sich in einem Zustand erhöhter Energie und warten quasi auf den “Auslöser” zur Kristallisation. Dieser Zustand ist jedoch nicht von Dauer.

Wie erkennt man eine Übersättigung?

Die direkte Erkennung einer Übersättigung ist nicht immer trivial, da sie optisch oft einer gesättigten Lösung gleicht. Die entscheidende Kennzeichnung liegt in der Instabilität des Systems. Folgende Beobachtungen deuten auf eine übersättigte Lösung hin:

  • Spontane Kristallisation: Die einfachste Methode ist die Beobachtung spontaner Kristallisation. Die geringste Störung, wie z.B.:

    • das Einbringen eines Kristallkeims (ein winziger Kristall des gelösten Stoffes),
    • Kratzen an der Gefäßwand,
    • Erschütterungen,
    • das Hinzufügen eines Impfkristalls (ein winziger Kristall des gelösten Stoffes),
    • das Einbringen von Staubpartikeln,
      führt zur sofortigen und oft rapiden Ausfällung des überschüssigen gelösten Stoffes. Man beobachtet dann die Bildung von Kristallen, die aus der Lösung wachsen.
  • Übermäßige Konzentration: Ein indirekter Hinweis kann eine deutlich höhere Konzentration des gelösten Stoffes sein, als es der Löslichkeit bei der gegebenen Temperatur entspricht. Dies erfordert allerdings die Kenntnis der Löslichkeitskurve des Stoffes.

  • Vergleich mit gesättigter Lösung: Wenn man parallel eine gesättigte Lösung bei gleicher Temperatur vorliegen hat, kann ein Vergleich der beiden Lösungen Aufschluss geben. In der übersättigten Lösung sollte nach der Störung Kristallisation eintreten, während die gesättigte Lösung unverändert bleibt.

Zusammenfassend: Eine übersättigte Lösung ist ein thermodynamisch instabiler Zustand, der durch seine extreme Empfindlichkeit gegenüber Störungen gekennzeichnet ist. Die spontane Kristallisation nach der Einführung eines Kristallkeims oder durch andere Störungen ist das eindeutige Kennzeichen einer übersättigten Lösung. Die genaue Bestimmung der Übersättigung erfordert neben der Beobachtung auch die Kenntnis der Löslichkeit des Stoffes bei der gegebenen Temperatur.