Welche Quallenart stirbt nicht?

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Die winzige Turritopsis dohrnii, einst als Turritopsis nutricula bekannt, besitzt ein erstaunliches Geheimnis: Sie kann durch einen faszinierenden Zellverjüngungsprozess ihren Lebenszyklus rückgängig machen und so dem natürlichen Tod entgehen. Diese Fähigkeit macht sie zu einem einzigartigen Forschungsobjekt in der Biologie.

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Die unsterbliche Qualle: Turritopsis dohrnii – ein Rätsel der Biologie

Die Welt der Meere birgt unzählige Wunder, doch eines sticht besonders hervor: die winzige Qualle Turritopsis dohrnii, früher bekannt als Turritopsis nutricula. Im Gegensatz zu ihren Artgenossen, die nach einem bestimmten Lebenszyklus sterben, besitzt diese Spezies die bemerkenswerte Fähigkeit zur Zellverjüngung, auch bekannt als Transdifferenzierung. Dies ermöglicht ihr theoretisch, die Unsterblichkeit zu erreichen – ein Phänomen, das die wissenschaftliche Welt seit seiner Entdeckung in den 1990er Jahren fasziniert.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Quallen, die nach der sexuellen Fortpflanzung sterben, kann Turritopsis dohrnii diesen Prozess rückgängig machen. Unter Stressbedingungen, wie etwa Nahrungsmangel, Verletzungen oder extremen Temperaturveränderungen, beginnt die Qualle einen bemerkenswerten Prozess: Sie kehrt in ein früheres Entwicklungsstadium zurück, den Polypen. Dieser Polyp ist eine sessile, festsitzende Form, aus der sich später Medusen (die bekannte Quallenform) entwickeln. Die Zellen der Qualle transdifferenzieren sich dabei, das heißt, sie wandeln sich in andere Zelltypen um. Dieser Prozess ähnelt einer Art “Zurücksetzen” des biologischen Alters. Aus dem scheinbar sterbenden Medusenstadium entsteht so erneut ein jugendlicher Polyp, der wiederum neue Medusen hervorbringen kann.

Dieses Phänomen ist einzigartig im Tierreich und wirft fundamentale Fragen zur Zellbiologie und zum Altern auf. Die exakte Mechanik des Prozesses ist zwar noch nicht vollständig entschlüsselt, aber Forscher vermuten, dass die Telomerase, ein Enzym, das die Enden der Chromosomen schützt, eine entscheidende Rolle spielt. Es wird spekuliert, dass Turritopsis dohrnii die Aktivität der Telomerase hochreguliert, wodurch die Zellalterung verhindert und die Zellteilung unbegrenzt fortgesetzt werden kann.

Trotz ihrer „Unsterblichkeit“ ist Turritopsis dohrnii nicht immun gegen äußere Einflüsse. Raubtiere, Krankheiten oder ungünstige Umweltbedingungen können sie töten. Ihre Fähigkeit zur Zellverjüngung schützt sie vor dem natürlichen Alterungsprozess, nicht aber vor externen Gefahren. Die Bezeichnung “unsterblich” bezieht sich also eher auf ihre potentielle Lebensdauer als auf absolute Unverwundbarkeit.

Die Forschung an Turritopsis dohrnii verspricht bahnbrechende Erkenntnisse für die Medizin und die Altersforschung. Das Verständnis der Mechanismen ihrer Zellverjüngung könnte zu neuen Ansätzen in der Behandlung altersbedingter Krankheiten und der Verlängerung der menschlichen Lebenszeit führen. Die winzige, scheinbar unsterbliche Qualle könnte somit den Schlüssel zu einem der größten Rätsel der Menschheit bergen.