Wer bestimmt den Gutachter?

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Gerichte genießen bei der Gutachterauswahl weitreichende Freiheit. Sie sind weder an Parteiwünsche noch feste Qualifikationsvorgaben gebunden. Einzige Ausnahme: Einigkeit beider Parteien über einen gemeinsamen Sachverständigen.

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Wer bestimmt den Gutachter? Die Entscheidungsfreiheit der Gerichte und ihre Grenzen

Die Bestellung eines Sachverständigen ist in vielen Gerichtsverfahren unerlässlich, um komplexe Sachverhalte zu klären und dem Gericht ein fundiertes Urteil zu ermöglichen. Doch wer bestimmt letztendlich, welcher Experte die Begutachtung übernimmt? Die Antwort ist weniger eindeutig, als man zunächst vermuten könnte.

Gerichte genießen in Deutschland ein hohes Maß an Entscheidungsfreiheit bei der Auswahl des Gutachters. Die gängige Rechtsprechung betont die Unabhängigkeit der Justiz und somit die Notwendigkeit, dass das Gericht den Sachverständigen frei wählen kann, um ein unvoreingenommenes und objektives Gutachten zu gewährleisten. Dies bedeutet konkret, dass Gerichte weder an die Vorschläge der Parteien gebunden sind, noch an strikte formale Qualifikationskriterien. Ein Richter kann also beispielsweise einen Gutachter mit einem bestimmten Spezialgebiet auswählen, auch wenn die Parteien andere Experten vorgeschlagen haben. Die Parteien haben lediglich ein Antragsrecht, nicht aber ein Wahlrecht.

Diese weitreichende Freiheit des Gerichts schützt vor möglicher Einflussnahme durch die Prozessparteien und soll die Neutralität des Verfahrens garantieren. Es soll verhindert werden, dass eine Partei durch die Auswahl eines “freundlichen” Gutachters das Ergebnis des Verfahrens beeinflussen kann. Die Gerichte sind jedoch nicht beliebig in ihrer Auswahl. Sie müssen sich an die Grundsätze der Sachkunde und Unparteilichkeit halten. Der ausgewählte Sachverständige muss über die nötige Fachkenntnis verfügen, um den konkreten Sachverhalt beurteilen zu können. Eine offensichtliche Befangenheit des Gutachters würde die Auswahl ebenfalls rechtlich angreifbar machen.

Eine Ausnahme von der Entscheidungsfreiheit des Gerichts bildet die einvernehmliche Auswahl eines gemeinsamen Sachverständigen durch die Parteien. Einigen sich Kläger und Beklagter auf einen bestimmten Experten, so ist das Gericht in der Regel an diese Vereinbarung gebunden. Diese Konstellation spart Zeit und Ressourcen und trägt zu einer effizienteren Prozessführung bei. Allerdings ist die Einigung der Parteien Voraussetzung. Fehlt diese, behält das Gericht sein uneingeschränktes Wahlrecht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Gerichte die Hauptverantwortung für die Auswahl des Gutachters tragen. Diese Entscheidungsfreiheit ist ein essentieller Bestandteil eines fairen und unabhängigen Gerichtsverfahrens. Obwohl Parteien Vorschläge unterbreiten können, bleibt das letzte Wort beim Gericht, das sich stets an die Grundsätze der Sachkunde und Unparteilichkeit halten muss. Nur die einvernehmliche Wahl eines gemeinsamen Sachverständigen durch die Parteien stellt eine Ausnahme von dieser Regel dar. Die Gerichte sind somit Garant für die objektive und qualifizierte Begutachtung komplexer Sachverhalte.