Ist Skin Picking eine Zwangsstörung?

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Skin Picking, auch bekannt als Dermatillomanie, wurde 2013 als eigenständige Zwangsstörung anerkannt und fällt seit 2018 auch unter die Kategorie der körperbezogenen repetitiven Verhaltensstörungen. Studien zeigen, dass 1,4 bis 5,2 Prozent der deutschen Bevölkerung, insbesondere Frauen, im Laufe ihres Lebens von dieser Erkrankung betroffen sind.
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Hautpicken: Zwangsstörung oder Gewohnheit? Ein differenzierter Blick auf die Dermatillomanie

Hautpicken, medizinisch Dermatillomanie genannt, ist weit mehr als eine nervöse Angewohnheit. Während viele Menschen gelegentlich an ihren Pickeln oder Hautunreinheiten herumzupfen, leidet ein erheblicher Teil der Bevölkerung unter einer schwerwiegenden Form dieser Verhaltensweise, die erhebliche Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl, die soziale Interaktion und die körperliche Gesundheit hat. Die Frage, ob Skin Picking eine Zwangsstörung ist, lässt sich nicht mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten, erfordert aber eine differenzierte Betrachtung.

Die Anerkennung der Dermatillomanie als eigenständige Störung im DSM-5 (2013) unter der Kategorie der „körperbezogenen repetitiven Verhaltensstörungen“ (seit 2018) unterstreicht ihren klinischen Stellenwert. Diese Kategorisierung betont den zwanghaften Charakter des Hautpickens: Betroffene fühlen sich einem unwiderstehlichen Drang ausgesetzt, an ihrer Haut herumzukratzen, zu picken oder zu kneifen, obwohl sie sich der potenziell schädlichen Folgen bewusst sind. Dieser Drang geht oft mit starkem Leidensdruck und Beeinträchtigungen im Alltag einher.

Im Gegensatz zu einer einfachen Gewohnheit, die man relativ leicht kontrollieren kann, ist das Hautpicken bei Betroffenen oft mit einem komplexen Gefüge aus emotionalen, kognitiven und verhaltensbezogenen Faktoren verbunden. Stress, Angst, Langeweile oder negative Emotionen können Trigger sein, die das Verlangen nach dem Hautpicken auslösen. Das Picken selbst kann kurzfristig eine Art Entspannung oder Befriedigung verschaffen, verstärkt aber langfristig den Teufelskreis. Die entstehenden Wunden können sich infizieren, Narben bilden und zu weiteren psychischen Belastungen führen, was den Drang zum Picken wiederum verstärkt.

Studien belegen eine Prävalenz von 1,4 bis 5,2 Prozent in der deutschen Bevölkerung, wobei Frauen deutlich häufiger betroffen sind als Männer. Diese Zahlen unterstreichen die Relevanz dieser Erkrankung und die Notwendigkeit einer adäquaten Behandlung. Diese kann verschiedene Ansätze umfassen, wie beispielsweise kognitive Verhaltenstherapie (KVT), die darauf abzielt, die zugrundeliegenden Gedankenmuster und Verhaltensweisen zu verändern, Entspannungstechniken zum Stressabbau oder in manchen Fällen auch medikamentöse Therapien.

Es ist wichtig zu betonen, dass nicht jedes Hautpicken eine Dermatillomanie darstellt. Eine klare Abgrenzung erfordert eine professionelle Diagnostik durch einen Arzt oder Psychotherapeuten. Erst nach einer umfassenden Anamnese und Beurteilung der Schwere und des Leidensdrucks kann entschieden werden, ob eine Behandlung notwendig ist und welche Therapieform am besten geeignet ist. Wichtig ist die Entstigmatisierung dieser Erkrankung und die Bereitstellung von Hilfe für Betroffene, die sich oft mit Scham und Schuldgefühlen konfrontiert sehen. Eine frühzeitige Intervention kann dazu beitragen, den Leidensweg zu verkürzen und die Lebensqualität nachhaltig zu verbessern.