Gibt es etwas, das bei der absoluten Nulltemperatur nicht gefriert?

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Im absoluten Nullpunkt, bei minus 273,15 Grad Celsius, stehen alle Teilchen still und jegliche Unordnung schwindet. Aufgrund dieses völligen Stillstands kann nichts kälter als der absolute Nullpunkt sein – der tiefst mögliche Temperaturzustand im Universum.

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Friert alles bei absolutem Nullpunkt? Ein Blick hinter die scheinbare Einfachheit

Der absolute Nullpunkt, -273,15 °C oder 0 Kelvin, ist ein faszinierender Grenzfall der Thermodynamik. Die landläufige Vorstellung ist, dass bei dieser Temperatur alles gefriert – ein Zustand völliger Ruhe und Ordnung. Doch die Realität ist, wie so oft in der Physik, komplexer und birgt einige überraschende Aspekte. Während die Aussage, dass bei absolutem Nullpunkt die thermische Bewegung der Atome und Moleküle im Wesentlichen zum Erliegen kommt, zutrifft, bedeutet dies nicht, dass alle Materie in einen identischen, starren Zustand übergeht.

Der Schlüssel liegt im Verständnis verschiedener Arten von Ordnung und Bewegung. Die thermische Bewegung, die mit der Temperatur verknüpft ist, ist nur eine Form von Bewegung. Auch bei absolutem Nullpunkt bestehen quantentheoretische Effekte, die eine gewisse “Restbewegung” aufrechterhalten. Das Pauli-Ausschlussprinzip beispielsweise verhindert, dass zwei identische Fermionen (z.B. Elektronen) den gleichen Quantenzustand einnehmen. Dies führt zu einem “Nullpunktsschwingungen” der Atome im Kristallgitter, selbst bei 0 Kelvin. Diese Schwingungen sind zwar gering, aber sie existieren und verhindern einen absolut starren Zustand.

Ein weiterer Punkt ist die Frage nach der Definition von “Gefrieren”. Normalerweise verstehen wir darunter den Übergang von einer flüssigen in eine feste Phase. Viele Substanzen erreichen bei absolutem Nullpunkt aber nicht zwingend ihren kristallinen Festkörperzustand. Manche bleiben in einem amorphen, glasartigen Zustand “eingefroren”, ohne eine regelmäßige Kristallstruktur auszubilden. Das liegt daran, dass die zur Bildung eines Kristallgitters notwendige atomare Umordnung bei diesen niedrigen Temperaturen kinetisch gehemmt ist – die Atome haben schlichtweg nicht genügend Energie, um ihre Positionen neu zu ordnen. Helium beispielsweise bleibt selbst bei absolutem Nullpunkt flüssig, wenn auch in einer superfluiden Phase mit besonderen Eigenschaften.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Während die thermische Bewegung bei absolutem Nullpunkt minimal ist, existieren immer noch andere Formen von Bewegung und Ordnung. Die Vorstellung eines absoluten Stillstands ist eine Vereinfachung. Daher ist die Aussage, dass alles bei absolutem Nullpunkt gefriert, eine zu starke Vereinfachung. Die konkrete Form der Materie bei 0 Kelvin hängt stark von ihren spezifischen Eigenschaften ab und kann von einem starren Kristallgitter bis hin zu einer superfluiden Flüssigkeit reichen. Der absolute Nullpunkt ist somit nicht ein Zustand der totalen Ruhe, sondern ein Zustand minimaler, aber nicht verschwindender Energie.