Ist Kristall aus Glas?

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Kristall ist in der Regel bleihaltig. Nach EU-Richtlinien wird Glas mit weniger als 4 % Bleioxid als Glas bezeichnet, mit 10-30 % als Kristall und mit über 30 % als Hochbleikristall.

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Kristallglas: Glanz und Glamour – aber ist es wirklich Kristall?

Der Begriff „Kristallglas“ ist allgegenwärtig: Er schmückt Prospekte, ziert Schaufenster und verspricht Eleganz und Brillanz. Doch die Assoziation mit dem mineralischen Kristall, wie ihn beispielsweise Bergkristall verkörpert, ist irreführend. Der Begriff „Kristallglas“ im Kontext von Gläsern bezieht sich nämlich nicht auf die kristalline Struktur des Materials, sondern auf dessen chemische Zusammensetzung und die daraus resultierenden Eigenschaften.

Im Gegensatz zu echtem Kristall, einem regelmäßig aufgebauten Festkörper mit einer definierten atomaren Struktur, handelt es sich bei Kristallglas um eine amorphe Substanz, also ein Glas. Die entscheidende Unterscheidung liegt im Bleioxidgehalt. Während gewöhnliches Glas nur geringe Mengen an Metalloxiden enthält, zeichnet sich Kristallglas durch einen höheren Anteil an Bleioxid (PbO) aus.

Die Europäische Union definiert dies recht präzise: Glas mit einem Bleioxidgehalt von unter 4 % gilt als Glas. Enthält das Glas zwischen 10 % und 30 % Bleioxid, darf es als „Kristallglas“ bezeichnet werden. Produkte mit über 30 % Bleioxid werden als „Hochbleikristall“ oder auch „Bleikristall“ klassifiziert.

Dieser Bleizuatz ist nicht nur ein Marketingtrick. Er verleiht dem Glas entscheidende Eigenschaften:

  • Höherer Brechungsindex: Bleioxid erhöht den Brechungsindex des Glases, was zu einer stärkeren Lichtbrechung und einem intensiveren Glanz führt. Das typische, funkelnde Aussehen von Kristallglas ist ein direktes Ergebnis dieses Effekts.
  • Höhere Dichte: Kristallglas ist dichter als gewöhnliches Glas, was zu einer erhöhten Klangqualität und einer angenehmeren Haptik führen kann.
  • Bessere Klangqualität: Die höhere Dichte beeinflusst die Schwingungseigenschaften des Glases und sorgt für einen klareren, volleren Klang bei Gläsern und anderen Gebrauchsgegenständen.

Allerdings ist der Bleigehalt auch mit Nachteilen verbunden: Bleikristall ist spülmaschinenempfindlicher als herkömmliches Glas und kann im Laufe der Zeit durch Auswaschung gesundheitsschädliche Bleiteilchen abgeben, wenn es nicht entsprechend gepflegt wird. Aus diesem Grund greifen viele Hersteller auf Bleifrei-Alternativen zurück, die beispielsweise durch die Zugabe von anderen Metalloxiden ähnliche optische Eigenschaften erzielen. Diese werden häufig als „Kristallglas“ beworben, auch wenn sie keinen Bleioxidgehalt aufweisen. Die Bezeichnung „Bleifrei-Kristallglas“ ist daher ein wichtiger Hinweis auf die Zusammensetzung.

Zusammenfassend lässt sich sagen: „Kristallglas“ ist zwar kein echter Kristall im mineralogischen Sinne, sondern eine Art hochwertiges Glas mit erhöhtem Bleioxidgehalt, das durch seinen Glanz und seine Klangqualität besticht. Der Verbraucher sollte jedoch stets auf die genaue Zusammensetzung achten und die Pflegehinweise beachten, um die Langlebigkeit und die Unbedenklichkeit des Produkts zu gewährleisten. Die Bezeichnung „Kristallglas“ allein ist daher nicht ausreichend, um die Qualität und Zusammensetzung zu beurteilen.