Sind Ost- und Nordsee Meere?

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Die Ostsee unterscheidet sich von der Nordsee darin, dass sie ein flaches Binnengewässer ist, das durch drei schmale Verbindungswege mit der Nordsee verbunden ist. Ihr Salzgehalt ist zudem geringer als der der Nordsee.

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Ostsee und Nordsee: Zwei Gesichter des Meeres

Die Frage, ob Ostsee und Nordsee “Meere” sind, mag auf den ersten Blick trivial erscheinen. Die Antwort lautet ja, beide sind Meeresgebiete. Allerdings unterscheiden sie sich in ihren Eigenschaften so deutlich, dass eine bloße Ja-Antwort der Komplexität dieser beiden faszinierenden Ökosysteme nicht gerecht wird. Die Unterschiede liegen nicht nur in ihrer Größe und Lage, sondern vor allem in ihrer hydrographischen Beschaffenheit, ihrer Salinität und ihrem ökologischen Charakter.

Die Nordsee, ein Randmeer des Atlantischen Ozeans, ist ein relativ tiefes und offenem Gewässer mit einem hohen Salzgehalt. Sie ist durch den Ärmelkanal und die Doverstraße eng mit dem Atlantik verbunden, was zu einem starken Austausch von Wassermassen führt. Diese ständige Durchmischung sorgt für einen hohen Sauerstoffgehalt und eine dynamische Meeresströmung, die die Nordsee zu einem produktiven Ökosystem macht. Die Gezeiten, angetrieben durch die Gravitationskräfte von Mond und Sonne, sind in der Nordsee deutlich ausgeprägt und prägen das Küstenbild entscheidend.

Die Ostsee hingegen ist ein Binnenmeer, ein relativ flaches und nahezu vollständig von Land umschlossenes Meeresgebiet. Ihre Verbindung zur Nordsee über die Beltsee, den Öresund und den Großen Belt ist schmal und begrenzt den Wasseraustausch deutlich. Dies führt zu einem deutlich geringeren Salzgehalt als in der Nordsee, da der Zufluss von salzreichem Atlantikwasser nur langsam erfolgt und durch den Süßwasserzufluss zahlreicher Flüsse – darunter Oder, Weichsel und Nemunas – weiter verdünnt wird. Die Ostsee ist dadurch stärker von saisonalen Schwankungen und dem Einfluss von Wind und Wetter geprägt. Die Gezeiten sind in der Ostsee im Vergleich zur Nordsee eher schwach ausgeprägt.

Die geringere Salinität der Ostsee beeinflusst ihre Flora und Fauna erheblich. Viele Arten, die in der salzreichen Nordsee beheimatet sind, können in der Ostsee nicht überleben. Stattdessen hat sich ein spezifisches Ökosystem entwickelt, das an die brackigen Bedingungen angepasst ist. Die geringere Wasserzirkulation kann zu Problemen mit der Sauerstoffversorgung in tieferen Wasserschichten führen, was zu sogenannten “Todeszonen” führen kann.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Sowohl Ostsee als auch Nordsee sind Meere, aber sie präsentieren sich als zwei deutlich verschiedene Ökosysteme mit unterschiedlichen hydrographischen und ökologischen Charakteristiken. Während die Nordsee durch ihre offene Verbindung zum Atlantik und ihren hohen Salzgehalt geprägt ist, zeichnet sich die Ostsee durch ihre Binnenlage, ihren niedrigen Salzgehalt und die daraus resultierende spezifische Flora und Fauna aus. Die Unterschiede machen beide Meere einzigartig und erfordern unterschiedliche Ansätze für ihren Schutz und ihre nachhaltige Nutzung.