Warum starten Raketen vom Äquator?

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Der Start von Raketen in der Nähe des Äquators und in östlicher Richtung ist vorteilhaft für Bahnen mit geringer Neigung. Dies nutzt den Geschwindigkeitsvorteil der Erdrotation und den Schwerkraftvorteil des Eötvös-Effekts.

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Warum starten Raketen bevorzugt am Äquator? – Ein Blick auf die Physik des Raketenstarts

Der Start einer Rakete ist ein komplexes Unterfangen, bei dem selbst kleinste Details einen erheblichen Einfluss auf den Erfolg haben. Eine scheinbar banale Entscheidung, nämlich der Startort, spielt dabei eine entscheidende Rolle. Warum bevorzugen Raumfahrtagenturen den Start in äquatorialen Regionen, oft in östlicher Richtung? Die Antwort liegt in der Physik der Erdrotation und der damit verbundenen Effekte.

Der Hauptgrund für den bevorzugten Start am Äquator liegt in der Erdrotation. Die Erde dreht sich von West nach Ost. Ein Punkt am Äquator bewegt sich aufgrund des größeren Radius schneller als ein Punkt an höheren Breitengraden. Diese Geschwindigkeit beträgt am Äquator etwa 1670 km/h. Wenn eine Rakete in östlicher Richtung gestartet wird, erhält sie diesen Geschwindigkeitsvorteil „gratis“ hinzuaddiert zu ihrer eigenen Geschwindigkeit. Das bedeutet eine signifikante Reduktion des benötigten Treibstoffs und somit der Kosten, um die gewünschte Geschwindigkeit und Bahn zu erreichen.

Stell dir vor, du würdest einen Ball von einem sich drehenden Karussell werfen. Wenn du ihn in Drehrichtung wirfst, erhält er die Geschwindigkeit des Karussells zusätzlich zu deiner Wurfkraft. Analog dazu profitiert die Rakete am Äquator vom „Mitzieher-Effekt“ der Erdrotation. Dieser Effekt ist besonders relevant für satellitengestützte Missionen mit geringer Bahnneigung, also solchen, die in einer Bahn um die Erde kreisen, die nah am Äquator verläuft. Für geostationäre Satelliten, die sich scheinbar über einem Punkt auf dem Äquator befinden, ist dieser Geschwindigkeitsvorteil sogar essentiell.

Ein weiterer, wenn auch weniger signifikanter Faktor, ist der Eötvös-Effekt. Dieser beschreibt die scheinbare Veränderung der Schwerkraft aufgrund der Erdrotation. Am Äquator ist die Zentrifugalkraft am größten, was die effektive Schwerkraft geringfügig reduziert. Diese geringfügige Reduktion der Schwerkraft erleichtert den Raketenstart, obwohl der Einfluss im Vergleich zum Rotations-Geschwindigkeitsvorteil deutlich geringer ist.

Natürlich gibt es auch Einschränkungen. Nicht alle Missionen profitieren gleichermaßen vom äquatorialen Start. Polare Umlaufbahnen, die die Erde von Pol zu Pol durchqueren, erfordern einen Start an höheren Breitengraden. Außerdem spielen geopolitische Faktoren, Infrastruktur und die Verfügbarkeit von geeigneten Startplätzen eine wichtige Rolle bei der Standortwahl.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Start am Äquator, besonders in östlicher Richtung, ein erheblicher Vorteil für viele Raumfahrtmissionen darstellt. Die Kombination aus dem Geschwindigkeitsvorteil der Erdrotation und dem, wenn auch kleineren, Eötvös-Effekt ermöglicht eine effizientere und kostengünstigere Raketenstarts, vor allem für Satelliten mit geringer Bahnneigung. Diese Effekte unterstreichen die Bedeutung eines sorgfältigen Abwägens aller Faktoren bei der Planung einer Raketenmission.