Welchen Kraftstoff benutzen Raketen?

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Raketentreibstoffe sind vielfältig: Während Kerosin in bestimmten Stufen zum Einsatz kommt, ist Hydrazin, ein hochgiftiger Stoff, ebenfalls gebräuchlich. Bei Landungen der Space Shuttles war besondere Vorsicht geboten, da Hydrazin austreten konnte. Spezialfahrzeuge überprüften die Umgebung daher unmittelbar nach der Landung.

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Raketentreibstoffe: Mehr als nur Kerosin – Ein Blick auf die Vielfalt und die Herausforderungen

Wenn wir an Raketen denken, haben wir oft das Bild von gigantischen Feuerfontänen und ohrenbetäubendem Lärm vor Augen. Doch was steckt eigentlich hinter dieser beeindruckenden Energieentfaltung? Welchen Kraftstoff verwenden Raketen, um sich mit unglaublicher Geschwindigkeit in den Himmel zu katapultieren? Die Antwort ist komplexer als man vielleicht denkt: Es gibt nicht den einen Raketentreibstoff, sondern eine ganze Bandbreite an Substanzen, die je nach Anwendungsgebiet, Leistungsanforderungen und Sicherheitsaspekten zum Einsatz kommen.

Die Qual der Wahl: Kriterien für den perfekten Raketentreibstoff

Ein idealer Raketentreibstoff muss eine Reihe von Kriterien erfüllen:

  • Hohe Energiedichte: Je mehr Energie pro Volumen- oder Masseeinheit gespeichert ist, desto effizienter kann die Rakete ihre Nutzlast transportieren.
  • Stabile Verbrennung: Eine kontrollierte und stabile Verbrennung ist entscheidend für eine gleichmäßige Schubkraft und ein sicheres Flugverhalten.
  • Geringes Molekulargewicht der Abgase: Leichte Abgase werden mit höherer Geschwindigkeit ausgestoßen und erhöhen somit den Schub.
  • Einfache Handhabung und Lagerung: Ein Treibstoff, der leicht zu handhaben ist und sich über längere Zeit stabil lagern lässt, reduziert die Kosten und Risiken.
  • Umweltverträglichkeit (im Idealfall): Auch wenn die primäre Priorität oft auf Leistung liegt, spielt die Umweltverträglichkeit zunehmend eine Rolle.
  • Kosten: Die Kosten für die Herstellung, den Transport und die Lagerung des Treibstoffs sind ein wichtiger Faktor, insbesondere bei kommerziellen Raumfahrtprojekten.

Die Vielfalt der Treibstoffe: Eine Übersicht

Angesichts dieser vielfältigen Anforderungen gibt es eine breite Palette an Raketentreibstoffen, die sich grob in zwei Kategorien einteilen lassen:

  • Feste Treibstoffe: Diese bestehen aus einer festen Mischung aus Oxidationsmittel und Brennstoff. Sie sind einfach zu lagern und zu handhaben, bieten aber weniger Kontrolle über die Verbrennung als flüssige Treibstoffe. Feststoffraketen werden oft als Booster eingesetzt, um der Rakete einen zusätzlichen Schub beim Start zu verleihen.

  • Flüssige Treibstoffe: Diese bestehen aus einem flüssigen Brennstoff und einem flüssigen Oxidationsmittel, die getrennt gelagert und erst in der Brennkammer vermischt werden. Flüssige Treibstoffe bieten eine höhere Leistung und ermöglichen eine bessere Kontrolle über die Verbrennung.

Einige gängige Beispiele für Raketentreibstoffe sind:

  • Kerosin (RP-1): Ein relativ sicherer und kostengünstiger Treibstoff, der oft in Kombination mit flüssigem Sauerstoff als Oxidationsmittel verwendet wird. Er findet in verschiedenen Raketenstufen Anwendung.

  • Flüssiger Wasserstoff (LH2): Besitzt eine sehr hohe Energiedichte, ist aber extrem kalt und schwierig zu lagern. Wird oft in Kombination mit flüssigem Sauerstoff in Oberstufen von Raketen eingesetzt, um eine hohe Endgeschwindigkeit zu erreichen.

  • Hydrazin (N2H4): Ein hochgiftiger und karzinogener Stoff, der als Monopropellant eingesetzt werden kann (d.h., er zersetzt sich unter Freisetzung von Energie ohne zusätzliches Oxidationsmittel). Hydrazin wird oft für kleinere Triebwerke zur Lageregelung und Bahnkorrektur von Satelliten und Raumfahrzeugen verwendet.

  • Stickstofftetroxid (NTO): Ein starkes Oxidationsmittel, das oft in Kombination mit Hydrazin oder anderen Hydrazinderivaten verwendet wird. Diese Kombinationen sind hypergolisch, d.h., sie entzünden sich bei Kontakt ohne Zündfunken.

Die Herausforderungen der Zukunft

Die Raumfahrt entwickelt sich ständig weiter, und mit ihr die Anforderungen an Raketentreibstoffe. Aktuelle Forschungsschwerpunkte liegen auf:

  • Umweltfreundlicheren Treibstoffen: Die Entwicklung von Treibstoffen, die weniger schädliche Emissionen verursachen, ist ein wichtiges Ziel. Beispiele hierfür sind Methan und Sauerstoff (Methalox) sowie Wasserstoffperoxid.
  • Höheren Leistungswerten: Die Suche nach Treibstoffen mit noch höherer Energiedichte und besserer Verbrennungseffizienz treibt die Forschung voran.
  • Wiederverwendbarkeit: Wiederverwendbare Raketen erfordern Treibstoffe, die sich leicht be- und entladen lassen und eine hohe Zuverlässigkeit gewährleisten.

Fazit

Die Wahl des richtigen Raketentreibstoffs ist ein komplexer Prozess, der von zahlreichen Faktoren abhängt. Von bewährten Klassikern wie Kerosin bis hin zu hochspezialisierten Substanzen wie Hydrazin – die Vielfalt der Treibstoffe spiegelt die Vielfalt der Anforderungen in der Raumfahrt wider. Mit dem wachsenden Interesse an der Erforschung des Weltraums und der Kommerzialisierung der Raumfahrt werden die Anforderungen an Raketentreibstoffe weiter steigen und die Forschung in diesem Bereich vorantreiben. Die Zukunft der Raumfahrt wird also auch von den Innovationen in der Treibstofftechnologie geprägt sein.