Wie erhält man schweres Wasser?

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Schweres Wasser, eine seltsame Flüssigkeit mit einer erhöhten Dichte, wird durch die mühsame Trennung von schwerem Wasserstoff aus natürlichem Wasser gewonnen. Diese schwere Form des Wassers findet in der Kerntechnik Anwendung, da sie die Geschwindigkeit von Neutronen im Kernreaktor verlangsamt und so eine effiziente Kettenreaktion ermöglicht.
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Schweres Wasser: Gewinnung und Anwendung eines ungewöhnlichen Stoffes

Schweres Wasser, chemisch als Deuteriumoxid (D₂O) bezeichnet, ist keine exotische Zutat aus einem Science-Fiction-Roman, sondern eine real existierende Substanz mit bemerkenswerten Eigenschaften und einer wichtigen Rolle in der Technologie. Im Gegensatz zu normalem Wasser (H₂O), das hauptsächlich aus Wasserstoff mit einem Proton im Kern besteht, enthält schweres Wasser Deuterium (²H oder D), ein Wasserstoffisotop mit einem zusätzlichen Neutron im Kern. Diese zusätzliche Masse verleiht schwerem Wasser eine höhere Dichte und andere physikalisch-chemische Unterschiede zu normalem Wasser. Doch wie gewinnt man diese seltene und wichtige Flüssigkeit?

Die Gewinnung von schwerem Wasser ist ein komplexer und energieintensiver Prozess, der auf der Isotopentrennung beruht. Das Deuterium ist im natürlichen Wasser nur in geringen Mengen vorhanden (etwa 0,015%). Daher muss das Deuterium aus einer großen Menge an normalem Wasser angereichert werden. Mehrere Verfahren stehen zur Verfügung, wobei die gängigsten die folgenden sind:

  • Gaselektrolyse: Bei diesem Verfahren wird Wasser elektrolytisch in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Das Deuterium reichert sich im verbleibenden Wasser an, da es langsamer als gewöhnlicher Wasserstoff elektrolysiert wird. Dieser Prozess muss mehrfach wiederholt werden, um eine ausreichende Anreicherung zu erreichen. Er ist zwar relativ einfach, aber auch sehr energieintensiv und daher kostspielig.

  • Gleichgewichts-Austauschverfahren: Hierbei wird das Wasser mit einer anderen Substanz, wie z.B. Ammoniak oder Schwefelwasserstoff, in Kontakt gebracht, die mit dem Deuterium ein chemisches Gleichgewicht bilden. Das Deuterium verteilt sich dabei unterschiedlich zwischen Wasser und der anderen Substanz, und durch mehrstufige Gegenstromverfahren kann eine Anreicherung erzielt werden. Diese Methode ist effizienter als die Gaselektrolyse, jedoch ebenfalls komplex und teuer.

  • Destillation: Auch wenn die Siedepunkte von schwerem und leichtem Wasser nur geringfügig unterschiedlich sind, kann durch fraktionierte Destillation bei niedrigen Temperaturen und unter hohem Druck eine gewisse Anreicherung erreicht werden. Diese Methode ist jedoch weniger effektiv als die vorherigen und wird daher meist in Kombination mit anderen Verfahren eingesetzt.

  • Kryogene Destillation: Diese Methode nutzt die unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften von Wasserstoff- und Deuteriumgas bei extrem niedrigen Temperaturen. Durch fraktionierte Destillation kann eine hochgradige Anreicherung von Deuterium erreicht werden. Sie ist technologisch anspruchsvoll, aber sehr effizient.

Nach der Anreicherung wird das deuteriumreiche Wasser weiter aufkonzentriert, bis der gewünschte Deuteriumgehalt erreicht ist. Der benötigte Reinheitsgrad hängt von der jeweiligen Anwendung ab.

Die wichtigste Anwendung von schwerem Wasser liegt in der Kerntechnik. Als Moderator in Kernreaktoren verlangsamt es die Geschwindigkeit von schnellen Neutronen, wodurch die Wahrscheinlichkeit einer Kernspaltung und damit die Kettenreaktion deutlich erhöht wird. Speziell in Druckwasserreaktoren (DWR) und CANDU-Reaktoren (CANada Deuterium Uranium) spielt schweres Wasser eine entscheidende Rolle. Weitere Anwendungen finden sich in der wissenschaftlichen Forschung, z.B. in der Spektroskopie und der Neutronenstreuung, sowie in der Medizin, wenngleich in deutlich geringerem Umfang.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Gewinnung von schwerem Wasser ein anspruchsvolles und kostenintensives Verfahren ist, das auf komplexen physikalisch-chemischen Prozessen basiert. Trotzdem ist schweres Wasser aufgrund seiner einzigartigen Eigenschaften ein unverzichtbarer Bestandteil moderner Kernkraftwerke und spielt eine wichtige Rolle in verschiedenen wissenschaftlichen und technischen Anwendungen.