Wann läuft Edelstahl an?

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Edelstahl bewahrt bei Temperaturen bis 350 °C seine silberne Farbe. Temperaturen ab 350 °C führen zu einer Verfärbung, die mit steigender Temperatur immer dunkler wird. Beispielsweise nimmt Edelstahl bei 600 °C eine dunkelblaue Färbung an.

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Rostfrei? – Wann Edelstahl tatsächlich anläuft und warum

Edelstahl, der Name suggeriert Unverwüstlichkeit und ewige Glanzleistung. Doch die Realität ist etwas nuancierter. Während Edelstahl tatsächlich gegenüber Rost – also der durch Oxidation von Eisen entstehenden Korrosion – deutlich widerstandsfähiger ist als herkömmlicher Stahl, bedeutet dies nicht, dass er unter keinen Umständen anlaufen oder seine charakteristische silberne Farbe verliert. Die Frage “Wann läuft Edelstahl an?” lässt sich nicht mit einem einfachen Datum oder einer Temperatur beantworten, sondern hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Der oft zitierte Temperaturwert von 350°C, ab dem Edelstahl verfärbt, beschreibt lediglich den Beginn einer oxidativen Verfärbung. Diese Verfärbung ist keine Rostbildung im eigentlichen Sinne, da die schützende Chromoxidschicht des Edelstahle noch intakt ist. Oberhalb von 350°C beginnt diese Passivschicht zu reagieren, was zu einer Veränderung der Oberflächenfarbe führt. Die Farbe variiert je nach Stahllegierung und Temperatur. Bei 600°C erhält der Edelstahl tatsächlich eine dunkelblaue, fast schon schwärzliche Färbung, bei höheren Temperaturen können goldene oder violette Töne auftreten. Diese Verfärbung ist reversible – durch Schleifen oder Polieren kann der ursprüngliche Glanz wiederhergestellt werden. Sie beeinträchtigt die Korrosionsbeständigkeit des Materials in der Regel nicht signifikant.

Die Aussage “Edelstahl läuft an” ist daher irreführend. Es handelt sich eher um eine optische Veränderung der Oberfläche durch eine Oxidation der Chromoxidschicht, nicht aber um eine Zerstörung der Materialstruktur wie bei Rost. Echter Rost entsteht nur, wenn die schützende Passivschicht beschädigt wird, etwa durch:

  • Chloridhaltige Umgebungen: Salzwasser, Meerluft oder der Einsatz von Streusalz im Winter greifen die Passivschicht an und begünstigen Korrosion.
  • Säureeinwirkung: Säurehaltige Flüssigkeiten, wie z.B. Essig oder bestimmte Reinigungsmittel, können die Oberfläche angreifen.
  • Mechanische Beschädigung: Kratzer und Dellen in der Oberfläche legen den darunterliegenden Stahl frei und machen ihn anfällig für Rost.
  • Hohe Temperaturen in Verbindung mit korrosiven Medien: Wie bereits erwähnt, verändert hohe Temperatur die Oberfläche, in Kombination mit aggressiven Medien kann dies zu beschleunigter Korrosion führen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Edelstahl läuft nicht im herkömmlichen Sinne an, sondern verfärbt sich oberflächlich bei hohen Temperaturen. Eine Beeinträchtigung der Funktionalität oder eine tatsächliche Rostbildung tritt erst bei Schädigung der Passivschicht auf, die durch verschiedene aggressive Umgebungen und mechanische Einwirkungen verursacht werden kann. Die “Anlauferscheinungen” bei hohen Temperaturen sind reversibel und stellen keinen Qualitätsverlust dar.