Warum reagieren Menschen so unterschiedlich auf Alkohol?

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Alkoholische Getränke wirken aufgrund unterschiedlicher Leberenzyme und Körperzusammensetzung bei jedem Menschen anders. Genetische Veranlagung und Geschlecht spielen eine entscheidende Rolle, wobei Frauen im Allgemeinen empfindlicher auf Alkohol reagieren, wie das Klinikum Mittelbaden bestätigt.
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Das individuelle Alkohol-Puzzle: Warum reagiert jeder Mensch anders?

Alkohol – ein gesellschaftlich akzeptiertes Genussmittel, das gleichzeitig ein starkes Suchtpotenzial birgt und bei übermäßigem Konsum schwere gesundheitliche Schäden verursachen kann. Doch warum wirkt ein Glas Wein bei dem einen belebend und bei dem anderen aggressiv? Warum betrinkt sich Person A schneller als Person B, obwohl beide die gleiche Menge konsumiert haben? Die Antwort ist komplex und liegt in einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren, die sich individuell unterschiedlich ausprägen.

Ein zentraler Aspekt ist der Stoffwechsel des Alkohols. Die Leber spielt hierbei die entscheidende Rolle, indem sie das Ethanol mithilfe von Enzymen, vor allem Alkoholdehydrogenase (ADH) und Aldehyddehydrogenase (ALDH), abbaut. Genetische Variationen in diesen Enzymen führen zu erheblichen individuellen Unterschieden in der Abbaugeschwindigkeit. Eine langsamere Abbaukapazität bedeutet einen höheren Blutalkoholspiegel bei gleicher Konsummenge und damit eine stärkere Wirkung des Alkohols. Diese genetischen Unterschiede erklären, warum manche Menschen schon nach wenigen Drinks deutlich betrunken sind, während andere scheinbar resistenter wirken. Es ist wichtig zu betonen, dass diese “Resistenz” keine Toleranz im Sinne einer Gewöhnung darstellt, sondern lediglich eine schnellere Metabolisierung.

Neben den genetischen Faktoren spielt auch die Körperzusammensetzung eine wichtige Rolle. Menschen mit einem höheren Körperfettanteil haben im Verhältnis weniger Wasser im Körper. Da sich Alkohol im Wasser verteilt, führt dies bei gleicher Konsummenge zu einem höheren Blutalkoholspiegel im Vergleich zu Menschen mit einem niedrigeren Körperfettanteil. Auch das Gewicht beeinflusst die Wirkung: Leichtere Personen erreichen schneller einen höheren Blutalkoholspiegel als schwerere.

Das Geschlecht ist ein weiterer signifikanter Faktor. Frauen reagieren im Allgemeinen empfindlicher auf Alkohol als Männer. Dies liegt unter anderem an einem geringeren Anteil an Wasser im Körper und einer geringeren Aktivität bestimmter Leberenzyme. Zusätzlich beeinflussen hormonelle Schwankungen während des Menstruationszyklus die Alkoholwirkung. Diese Unterschiede belegen Studien wie die des Klinikums Mittelbaden und anderer wissenschaftlicher Einrichtungen.

Schliesslich spielen auch individuelle Faktoren wie die Ernährungsgewohnheiten, der allgemeine Gesundheitszustand, die Einnahme von Medikamenten und der Konsumzeitpunkt eine Rolle. Ein leerer Magen beschleunigt beispielsweise die Aufnahme von Alkohol ins Blut.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Reaktion auf Alkohol ein hoch komplexes Phänomen ist. Ein einfaches “Mehr oder weniger” greift zu kurz. Die individuelle Kombination aus genetischer Veranlagung, Körperzusammensetzung, Geschlecht und weiteren Faktoren bestimmt die Wirkung des Alkohols und erklärt die oft beobachteten Unterschiede im individuellen Reaktionsmuster. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Alkohol erfordert daher immer auch die Berücksichtigung dieser individuellen Variablen.