Was passiert, wenn ich länger als 72 Wochen krank bin?

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Sollte sich eine Krankheit über 78 Wochen (6 Wochen Lohnfortzahlung und 72 Wochen Krankengeld) hinaus erstrecken, muss ein Antrag auf Rehabilitationsmaßnahmen oder Erwerbsminderungsrente bei der Krankenkasse gestellt werden.

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Krank über 72 Wochen: Was passiert danach?

Die gesetzliche Krankenversicherung zahlt Krankengeld für maximal 78 Wochen. Nach 6 Wochen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber beginnt die Zahlung des Krankengeldes, welches dann für weitere 72 Wochen gewährt wird. Doch was passiert, wenn die Erkrankung länger anhält? Die Aussage, man müsse unbedingt einen Antrag auf Rehabilitationsmaßnahmen oder Erwerbsminderungsrente stellen, ist zwar richtig, aber vereinfacht die Situation erheblich. Es ist ein wichtiger, aber nicht der einzige Schritt, den man unternehmen sollte.

Die Situation nach 78 Wochen Krankheit ist komplex und hängt von verschiedenen Faktoren ab: der Art der Erkrankung, dem individuellen Gesundheitszustand, dem Beruf und den persönlichen Umständen. Es ist daher ratsam, sich frühzeitig und umfassend beraten zu lassen.

Mögliche Schritte nach Ablauf des Krankengeldes:

  • Rehabilitation: Die Krankenkasse kann Rehabilitationsmaßnahmen anbieten, um die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen. Dies können stationäre oder ambulante Maßnahmen sein, wie z.B. Physiotherapie, Ergotherapie oder psychologische Betreuung. Der Antrag auf Reha sollte bereits vor Ablauf des Krankengeldes gestellt werden, um lange Wartezeiten zu vermeiden. Die Erfolgsaussichten einer Reha hängen stark von der Art und Schwere der Erkrankung ab.

  • Erwerbsminderungsrente: Wenn eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit besteht und eine Rehabilitation keine Aussicht auf Erfolg bietet, kann ein Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt werden. Dieser Antrag wird bei der Deutschen Rentenversicherung gestellt und erfordert umfangreiche ärztliche Unterlagen. Der Antragsprozess kann langwierig sein und die Bewilligung ist nicht garantiert. Es wird geprüft, ob eine volle oder teilweise Erwerbsminderung vorliegt.

  • Hartz IV (ALG II): Falls weder eine Reha erfolgreich durchgeführt werden kann noch eine Erwerbsminderungsrente bewilligt wird und kein anderes Einkommen vorhanden ist, kann ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV) bestehen. Dies ist eine Grundsicherung, die den Lebensunterhalt sichert.

  • Weiteres Krankengeld (Ausnahmefälle): In Ausnahmefällen kann es zu einer Verlängerung des Krankengeldes kommen. Dies ist jedoch nur bei besonders schwerwiegenden Erkrankungen und unter strengen Voraussetzungen möglich.

  • Sozialhilfe: In seltenen Fällen, wenn weder Erwerbsminderungsrente noch Hartz IV bewilligt werden, kann Sozialhilfe als letztes Mittel in Betracht kommen.

Wichtige Hinweise:

  • Frühzeitige Beratung: Es ist unerlässlich, sich frühzeitig – idealerweise schon während des Krankengeldes – von einem Arzt, einem Rechtsanwalt oder einer Beratungsstelle der Krankenkasse beraten zu lassen. Sie können bei der Antragstellung unterstützen und den Überblick über die komplexen Verfahren behalten.

  • Dokumentation: Führen Sie ein detailliertes Krankheits- und Behandlungsdokumentation. Dies ist unerlässlich für alle Anträge.

  • Reha-Antrag frühzeitig stellen: Der Antrag auf Reha sollte möglichst frühzeitig gestellt werden, um Wartezeiten zu minimieren.

Die Situation nach 72 Wochen Krankheit ist individuell und erfordert eine umfassende Prüfung der Möglichkeiten. Eine pauschale Aussage über den nächsten Schritt ist daher irreführend. Eine frühzeitige und professionelle Beratung ist entscheidend für den weiteren Verlauf.