Wer erstellt eine negative Gesundheitsprognose?

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Um eine negative Gesundheitsprognose eines Arbeitnehmers zu beweisen, trägt der Arbeitgeber die volle Beweislast. Nach Erschütterung der Indizwirkung durch den Arbeitnehmer, stützt sich der Arbeitgeber oft auf Aussagen behandelnder Ärzte oder ein eingeholtes Sachverständigengutachten. Diese dienen als Grundlage, um vor Gericht die dauerhafte Arbeitsunfähigkeit des Betroffenen zu belegen.

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Die Erstellung negativer Gesundheitsprognosen im Arbeitsrecht: Beweislast und Herausforderungen

Die Erstellung einer negativen Gesundheitsprognose im Arbeitsrecht ist ein komplexer Vorgang, der weitreichende Folgen für den betroffenen Arbeitnehmer haben kann. Steht die Frage nach der dauerhaften Arbeitsunfähigkeit im Raum – etwa im Zusammenhang mit einer Kündigung oder einer Leistungsbeurteilung – trägt der Arbeitgeber die volle Beweislast für die Richtigkeit seiner Behauptungen. Dies ist ein hoher Anspruch, der nicht leicht zu erfüllen ist. Die bloße Behauptung einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit reicht dabei nicht aus.

Der Arbeitgeber muss die negative Prognose faktenbasiert belegen. Der Weg dorthin ist oft steinig und erfordert einen mehrschichtigen Beweisaufbau. Zunächst liegt die sogenannte “Indizwirkung” auf Seiten des Arbeitnehmers. Das bedeutet, der Arbeitgeber muss zunächst die Behauptung einer Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit widerlegen, die z.B. durch die Vorlage eines Attestes des behandelnden Arztes seitens des Arbeitnehmers gestützt wird. Erst wenn diese Indizwirkung erschüttert ist, kann der Arbeitgeber mit seinen eigenen Beweisen beginnen.

Häufig stützt sich der Arbeitgeber dabei auf zwei Säulen:

1. Aussagen behandelnder Ärzte: Die ärztlichen Befunde und Aussagen des behandelnden Arztes des Arbeitnehmers spielen eine wichtige Rolle, selbst wenn diese nicht direkt vom Arbeitgeber eingeholt wurden. Die Akteneinsicht mit Einwilligung des Arbeitnehmers ermöglicht dem Arbeitgeber Einblick in die medizinische Dokumentation. Allerdings sind die Aussagen des behandelnden Arztes nicht uneingeschränkt verwertbar. Oft fehlt es an einer spezifischen Aussage zur Arbeitsfähigkeit in Bezug auf die konkreten Anforderungen des Arbeitsplatzes. Der Arzt beurteilt meist den allgemeinen Gesundheitszustand, nicht die konkrete Arbeitsfähigkeit im Kontext des spezifischen Arbeitsumfelds.

2. Sachverständigengutachten: Um die Lücke zwischen allgemeinem Gesundheitszustand und konkreter Arbeitsfähigkeit zu schließen, holt der Arbeitgeber häufig ein unabhängiges Sachverständigengutachten ein. Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger – meist ein Facharzt für Arbeitsmedizin – analysiert die medizinische Dokumentation, befragt den Arbeitnehmer und ggf. den behandelnden Arzt und erstellt ein Gutachten, das die Arbeitsfähigkeit im Hinblick auf den konkreten Arbeitsplatz bewertet. Dieses Gutachten trägt entscheidend zur Beweisführung bei. Seine Aussagekraft hängt jedoch von der Qualität der Untersuchung, der Berücksichtigung aller relevanten Informationen und der klaren Formulierung der Schlussfolgerungen ab. Ein mangelhaftes Gutachten kann die Beweislage sogar schwächen.

Herausforderungen und ethische Aspekte:

Die Erstellung einer negativen Gesundheitsprognose ist nicht nur juristisch, sondern auch ethisch herausfordernd. Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass die erhobenen Beweise korrekt, vollständig und objektiv sind. Eine voreingenommene Auswahl oder Interpretation von Informationen kann zu Fehlentscheidungen führen und dem Arbeitnehmer schaden. Eine transparente und nachvollziehbare Vorgehensweise ist daher unerlässlich. Der Fokus sollte stets auf der objektiven Beurteilung der Arbeitsfähigkeit liegen, nicht auf der Suche nach Gründen für eine Kündigung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Erstellung einer negativen Gesundheitsprognose für den Arbeitgeber einen hohen Beweisaufwand mit sich bringt. Die Beweisführung stützt sich in der Regel auf ärztliche Aussagen und, besonders wichtig, auf ein unabhängiges Sachverständigengutachten. Die ethischen Aspekte dürfen dabei nicht außer Acht gelassen werden. Nur eine sorgfältige und umfassende Prüfung aller relevanten Faktoren gewährleistet ein gerechtes und rechtssicheres Verfahren.