Ist der untere Erdmantel fest oder flüssig?
Der untere Erdmantel: Ein fester, aber dynamischer Bereich
Der Erdmantel, die Schicht zwischen Erdkruste und Erdkern, ist nicht homogen, sondern gliedert sich in den oberen und den unteren Mantel. Während der obere Mantel teilweise plastisch verformbar ist und Konvektionsströmungen zulässt, stellt sich die Frage nach dem Aggregatzustand des unteren Erdmantels, der sich von etwa 660 km bis 2900 km Tiefe erstreckt, als komplexer dar. Obwohl der enorme Druck von 1000 bis 1400 kbar (Kilobar) – das entspricht dem tausend- bis vierzehntausendfachen des atmosphärischen Drucks auf Meereshöhe – intuitiv auf einen flüssigen Zustand hindeuten könnte, ist der untere Erdmantel tatsächlich fest.
Die hohe Dichte des unteren Erdmantels, die zwischen 3,1 und 4,2 g/cm³ liegt, ist ein wichtiger Hinweis auf seinen Aufbau. Diese Dichte resultiert aus der mineralogischen Zusammensetzung, die sich von der des oberen Mantels unterscheidet. Im unteren Mantel dominieren Hochdruckmodifikationen von Mineralen, wie beispielsweise Perowskit (Mg,Fe)SiO₃ und Ferroperiklas (Mg,Fe)O. Diese Minerale besitzen eine dicht gepackte Kristallstruktur, die die hohe Dichte erklärt. Die starke Bindung der Atome in diesen Hochdruckmineralen führt trotz des enormen Drucks zu einem festen Zustand.
Der Vergleich mit dem oberen Mantel ist aufschlussreich. Auch im oberen Mantel wirken hohe Drücke, doch die geringere Dichte und die Anwesenheit von Mineralen mit weniger dichter Kristallstruktur ermöglichen dort plastische Deformationen und Konvektionsbewegungen. Im unteren Mantel hingegen sind die stärker gebundenen Hochdruckminerale deutlich widerstandsfähiger gegenüber Deformationen. Dies bedeutet nicht, dass der untere Erdmantel völlig starr ist. Langzeitprozesse wie die Plattentektonik wirken auch auf ihn ein, jedoch auf einer viel langsameren Zeitskala als im oberen Mantel. Die Bewegungen sind weniger durch fließendes Material, sondern eher durch viskoelastische Deformationen geprägt.
Die Untersuchung des unteren Erdmantels gestaltet sich aufgrund seiner Tiefe äußerst schwierig. Direkte Probenentnahme ist derzeit nicht möglich. Unsere Erkenntnisse basieren daher vorwiegend auf seismologischen Daten, Mineralogie-Experimenten unter Hochdruck-Hochtemperaturbedingungen und theoretischen Modellen. Die Analyse von seismischen Wellen, die durch den Erdmantel laufen, liefert Informationen über die Geschwindigkeit und Dämpfung der Wellen, aus denen Rückschlüsse auf den Aggregatzustand und die physikalischen Eigenschaften des Materials gezogen werden können.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der untere Erdmantel trotz des extremen Drucks und der hohen Temperatur ein fester, hochdichter Bereich der Erde ist. Seine Zusammensetzung aus Hochdruckmineralen mit stabiler Kristallstruktur und seine langsame, viskoelastische Deformation unter dem Einfluss von Plattentektonik machen ihn zu einem wichtigen Bestandteil der komplexen Dynamik unseres Planeten. Die Forschung auf diesem Gebiet ist jedoch dynamisch und liefert stetig neue Erkenntnisse über die Eigenschaften dieses faszinierenden Teils unseres Erdinneren.
#Erdmantel#Fest#FlüssigKommentar zur Antwort:
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