Warum ist die ISS schwerelos?

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Die Internationale Raumstation schwebt im freien Fall um die Erde. Die Schwerkraft wirkt, doch die hohe Umlaufgeschwindigkeit gleicht den Fall aus und hält sie in einer stabilen Position. Dieser Zustand erzeugt das Gefühl der Schwerelosigkeit.
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Warum schwebt die ISS? Ein tieferer Blick auf die Schwerelosigkeit im Orbit

Die Internationale Raumstation (ISS), ein monumentales Symbol der internationalen Zusammenarbeit im Weltraum, scheint schwerelos durch das All zu gleiten. Doch dieser Eindruck täuscht. Die Astronauten erleben zwar Schwerelosigkeit, aber die Erde übt durchaus eine Gravitationskraft auf die ISS aus. Die scheinbare Schwerelosigkeit ist das Ergebnis eines raffinierten physikalischen Phänomens: des ständigen freien Falls.

Die Erde zieht die ISS mit ihrer Schwerkraft an. Würde die ISS einfach stehen bleiben, würde sie unweigerlich auf die Erde stürzen. Doch die ISS befindet sich in einer Umlaufbahn um die Erde, und das ist der entscheidende Punkt. Sie bewegt sich mit einer enorm hohen Geschwindigkeit – etwa 28.000 Kilometer pro Stunde – tangential zur Erde. Diese Geschwindigkeit ist der Schlüssel zum Verständnis der Schwerelosigkeit.

Stellen Sie sich einen Kanonenball vor, der horizontal von einem hohen Berg abgefeuert wird. Die Erdanziehungskraft zieht ihn nach unten. Je schneller der Ball abgefeuert wird, desto weiter fliegt er, bevor er auf dem Boden auftrifft. Bei einer bestimmten Geschwindigkeit – der sogenannten orbitalen Geschwindigkeit – fällt der Ball zwar ständig Richtung Erde, erreicht aber nie den Boden. Stattdessen “verfehlt” er die Erde ständig, umrundet sie und bleibt in seiner Umlaufbahn.

Die ISS befindet sich in genau dieser Situation. Sie fällt ständig Richtung Erde, jedoch umkreist sie die Erde gleichzeitig mit so hoher Geschwindigkeit, dass sie den Erdboden “verpasst”. Dieser Zustand des permanenten freien Falls erzeugt das Gefühl der Schwerelosigkeit. Es ist nicht so, dass die Gravitationskraft aufgehoben wäre; sie ist immer noch vorhanden, aber ihre Wirkung wird durch die Zentrifugalkraft, die durch die Umlaufbewegung entsteht, ausgeglichen.

Man könnte es auch so beschreiben: Die ISS und alles in ihr befinden sich in einem gemeinsamen freien Fall. Da keine Gegenkraft auf die ISS und ihre Besatzung wirkt (abgesehen von minimalen Luftwiderständen), erleben sie die Schwerelosigkeit – ein Zustand der scheinbaren Gewichtslosigkeit. Diese Schwerelosigkeit ist jedoch nicht die Abwesenheit von Schwerkraft, sondern das Ergebnis eines dynamischen Gleichgewichts zwischen Gravitationskraft und Zentrifugalkraft.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Schwerelosigkeit auf der ISS ist kein Ergebnis fehlender Gravitationskraft, sondern ein Resultat des ständigen freien Falls in Kombination mit der hohen orbitalen Geschwindigkeit. Dieser faszinierende Zustand ermöglicht erst die wissenschaftlichen Experimente und die langfristigen Aufenthalte der Astronauten im Weltraum.