Welche Konsistenz hat der obere Erdmantel?

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Die Lithosphäre, die starre äußerste Erdschicht, umfasst Erdkruste und den oberen Teil des Erdmantels. Dieser feste, bis zu 700 Kilometer mächtige Bereich besteht aus Gesteinen, die sich unter enormem Druck und Hitze befinden und tektonische Plattenbewegungen ermöglichen.
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Die Konsistenz des oberen Erdmantels: Ein Festkörper mit fließenden Eigenschaften

Der obere Erdmantel, ein Bereich von immenser geophysikalischer Bedeutung, präsentiert sich nicht als einheitliche Masse, sondern weist eine überraschende Komplexität in seiner Konsistenz auf. Die oft verwendete, vereinfachende Beschreibung als “fest” ist nur bedingt zutreffend und bedarf einer genaueren Betrachtung. Denn während er sich im Vergleich zum flüssigen äußeren Erdkern als festes Gestein verhält, zeigt er gleichzeitig Eigenschaften, die an eine extrem zähflüssige Substanz erinnern.

Die Lithosphäre, die starre äußerste Schale unseres Planeten, beinhaltet die Erdkruste und den obersten Teil des oberen Erdmantels. Dieser Bereich, bis zu etwa 100 Kilometer tief, ist tatsächlich fest und spröde. Der enorme Druck und die hohen Temperaturen (bis zu 1300°C) verleihen ihm dennoch eine gewisse Duktilität, die die tektonischen Plattenbewegungen erst ermöglicht. Die Gesteine in diesem Bereich, hauptsächlich Peridotite, verhalten sich unter dem Einfluss von Spannungen über geologische Zeiträume hinweg plastisch. Sie verformen sich langsam, ähnlich wie Eis über viele Jahre hinweg einen Gletscher formt. Dieser Prozess ist jedoch im Gegensatz zum flüssigen Fluss im Erdkern extrem langsam und über sehr lange Zeiträume zu beobachten.

Unterhalb der Lithosphäre findet sich die Asthenosphäre, ein Bereich des oberen Erdmantels, der sich durch eine geringere Festigkeit auszeichnet. Hier ist das Gestein zwar ebenfalls fest, jedoch aufgrund der höheren Temperaturen und Drücke (bis etwa 1600°C) duktiler und weniger widerstandsfähig gegenüber Deformation. In der Asthenosphäre kann man von einer “duktilen” oder “plastischen” Konsistenz sprechen. Das Gestein fließt hier zwar nicht im herkömmlichen Sinne, aber es kann sich unter der Einwirkung von Kräften über geologische Zeitskalen hinweg langsam verformen und bewegen, vergleichbar mit dem Fließen von zähem Honig. Diese Bewegung der Asthenosphäre ist die treibende Kraft der Plattentektonik.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Konsistenz des oberen Erdmantels nicht einheitlich ist. Der obere Teil, die Lithosphäre, verhält sich als starrer, spröder Festkörper, während die darunterliegende Asthenosphäre eine deutlich duktilere, plastische Konsistenz aufweist, die den Eindruck eines langsamen Fließens erweckt. Diese unterschiedlichen Eigenschaften sind entscheidend für das Verständnis der Plattentektonik und der geodynamischen Prozesse unseres Planeten. Die Beschreibung als “fest” ist daher eine Vereinfachung, die die komplexen rheologischen Eigenschaften des oberen Erdmantels nicht vollständig abbildet.