Warum kein Aqua IV?

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Wasser für Injektionszwecke ohne Zusätze darf intravenös nicht verwendet werden, da dies zu einer Zerstörung der roten Blutkörperchen (Hämolyse) und einem Ungleichgewicht der Elektrolyte führen kann.

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Absolut! Hier ist ein Artikel, der das Thema “Warum kein Aqua IV?” aufgreift, die medizinischen Gründe erläutert und sich von üblichen Inhalten abhebt, indem er tiefer in die physiologischen Prozesse eintaucht:

Warum Aqua dest. kein IV-Ersatz ist: Ein Blick auf die Gefahren von reinem Wasser in der Infusionstherapie

In der Notfallmedizin und in der klinischen Versorgung ist die intravenöse (IV) Flüssigkeitszufuhr eine lebensrettende Maßnahme. Sie dient dazu, den Flüssigkeitshaushalt wiederherzustellen, Medikamente zu verabreichen und den Kreislauf zu stabilisieren. Doch warum können wir nicht einfach steriles, destilliertes Wasser (Aqua dest.) intravenös verabreichen? Die Antwort liegt in den komplexen physiologischen Prozessen unseres Körpers und den potenziell verheerenden Folgen einer solchen Maßnahme.

Das Problem der Osmolarität: Ein Ungleichgewicht mit Folgen

Das Blutplasma enthält eine bestimmte Konzentration an gelösten Stoffen, darunter Elektrolyte wie Natrium, Kalium und Chlorid. Diese Konzentration, die sogenannte Osmolarität, ist entscheidend für die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen den Flüssigkeitsräumen innerhalb und außerhalb der Zellen.

Destilliertes Wasser hingegen ist hypotonisch – es enthält nahezu keine gelösten Stoffe. Wenn wir nun destilliertes Wasser direkt in den Blutkreislauf infundieren, entsteht ein osmotischer Gradient. Das bedeutet, dass Wasser aufgrund des Konzentrationsunterschieds in die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) einströmt, um das osmotische Gleichgewicht wiederherzustellen.

Hämolyse: Wenn Zellen platzen

Dieser unkontrollierte Wassereinstrom führt dazu, dass die Erythrozyten anschwellen. Da sie jedoch keine feste Zellwand besitzen, können sie dem zunehmenden Innendruck nicht standhalten. Die Folge ist die Hämolyse – das Platzen der roten Blutkörperchen.

Die Hämolyse hat weitreichende Konsequenzen:

  • Freisetzung von Hämoglobin: Das Hämoglobin, das normalerweise in den Erythrozyten eingeschlossen ist, wird freigesetzt und kann die Nieren schädigen.
  • Elektrolytstörungen: Die Zerstörung der Zellen setzt intrazelluläre Elektrolyte frei, was zu einem Ungleichgewicht im Elektrolythaushalt führen kann, insbesondere zu einer Hyperkaliämie (erhöhter Kaliumspiegel).
  • Verminderter Sauerstofftransport: Durch den Verlust von Erythrozyten wird die Sauerstofftransportkapazität des Blutes reduziert, was zu einer Hypoxie (Sauerstoffmangel) führen kann.

Weitere Risiken: Vom Elektrolytverlust zur Herzrhythmusstörung

Neben der Hämolyse birgt die Infusion von destilliertem Wasser weitere Risiken:

  • Verdünnungshyponatriämie: Die Verdünnung des Blutplasmas durch das hypotonische Wasser kann zu einer Hyponatriämie (erniedrigter Natriumspiegel) führen, die neurologische Symptome wie Verwirrtheit, Krampfanfälle und sogar Koma verursachen kann.
  • Herzrhythmusstörungen: Elektrolytstörungen, insbesondere Veränderungen des Kaliumspiegels, können das Herz reizen und zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen führen.

Die sichere Alternative: Isotone Lösungen

Aus diesen Gründen werden in der Infusionstherapie ausschließlich isotone Lösungen verwendet. Diese Lösungen, wie beispielsweise physiologische Kochsalzlösung (0,9% NaCl) oder Ringer-Lactat-Lösung, haben eine Osmolarität, die dem Blutplasma entspricht. Dadurch wird ein osmotisches Ungleichgewicht vermieden, und die Zellen bleiben intakt.

Fazit

Die intravenöse Verabreichung von destilliertem Wasser ist keineswegs harmlos. Sie kann zu schwerwiegenden Komplikationen wie Hämolyse, Elektrolytstörungen und Herzrhythmusstörungen führen. Die Verwendung isotoner Lösungen ist daher unerlässlich, um die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten und die gewünschten therapeutischen Effekte zu erzielen. Es ist ein Beispiel dafür, wie wichtig das Verständnis physiologischer Prinzipien für die sichere und effektive medizinische Praxis ist.