Ist Wein gut für die Leber?

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Rotwein, in Maßen genossen, kann positive Effekte auf die Herzgesundheit haben und birgt, entgegen landläufiger Meinung, kein erhöhtes Leberrisiko für Personen mit entsprechenden Vorerkrankungen. Im Gegenteil, gewisse Inhaltsstoffe könnten sogar leberprotektiv wirken.

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Wein und Leber: Ein komplexes Verhältnis

Die Frage, ob Wein gut für die Leber ist, lässt sich nicht mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten. Die weitverbreitete Annahme, dass jeder Alkoholkonsum per se leberschädigend ist, greift zu kurz und ignoriert die Komplexität der Wechselwirkungen zwischen Wein, seinen Inhaltsstoffen und dem individuellen Gesundheitszustand. Während übermäßiger Alkoholkonsum – egal ob Bier, Wein oder Spirituosen – nachweislich die Leber schädigt und zu Leberzirrhose oder Leberkrebs führen kann, deuten aktuelle Forschungsergebnisse auf differenziertere Zusammenhänge hin, insbesondere im Bezug auf Rotwein in moderaten Mengen.

Die Behauptung, Rotwein in Maßen sei sogar leberprotektiv, bedarf einer genaueren Betrachtung. Tatsächlich enthält Rotwein Polyphenole, insbesondere Resveratrol, welches antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften besitzt. Diese Substanzen könnten theoretisch einen schützenden Effekt auf die Leberzellen haben und den Zellstress reduzieren, der durch oxidative Prozesse entsteht. In vitro-Studien und Tierversuche zeigen vielversprechende Ergebnisse, jedoch fehlen bislang groß angelegte, randomisierte kontrollierte Studien am Menschen, die diese positiven Effekte zweifelsfrei belegen. Die Ergebnisse solcher Studien sind zudem oft widersprüchlich und hängen von Faktoren wie der Dosis, der Dauer des Konsums und der individuellen genetischen Disposition ab.

Für Personen mit bestehenden Lebererkrankungen, wie Fettleber, Leberzirrhose oder Hepatitis, ist jeder Alkoholkonsum, auch von Rotwein, strikt abzuraten. Der bereits geschwächte Leberstoffwechsel wird durch Alkohol zusätzlich belastet, was den Krankheitsverlauf verschlimmern und die Prognose deutlich verschlechtern kann. In diesen Fällen überwiegen die Risiken die potenziellen, noch nicht vollständig nachgewiesenen Vorteile bei weitem.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Aussage, Rotwein sei gut für die Leber, ist irreführend. Während moderate Mengen Rotwein aufgrund der enthaltenen Polyphenole möglicherweise einen gewissen, noch nicht abschließend erforschten, positiven Effekt auf die Gesundheit haben könnten, darf der Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für Leberschäden bei übermäßigem Konsum nicht außer Acht gelassen werden. Bei bestehenden Lebererkrankungen ist Alkoholkonsum jeglicher Art unbedingt zu vermeiden. Eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung und regelmäßiger Bewegung bleibt die beste Grundlage für eine gesunde Leber. Im Zweifelsfall sollte immer ein Arzt konsultiert werden, um individuelle Risiken und den optimalen Umgang mit Alkohol zu besprechen.