Wie passt sich der Mensch an die Höhe an?

2 Sicht

Im Laufe der Höhengenwöhnung nimmt das Belüftungsniveau zu, was die Sauerstoffversorgung der Zellen erhöht. Dies stellt die wichtigste Anpassungsreaktion des Körpers an große Höhen dar. Eine gesteigerte Anzahl roter Blutkörperchen und ein größeres Blutvolumen verstärken diesen Effekt.

Kommentar 0 mag

Anpassung des Menschen an große Höhen: Ein komplexes Zusammenspiel

Der Mensch ist ein bemerkenswert anpassungsfähiges Wesen. Auch an extreme Umweltbedingungen wie große Höhen, wo der Sauerstoffpartialdruck deutlich niedriger ist, kann er sich akklimatisieren. Dieser Prozess ist jedoch komplex und geht weit über die reine Erhöhung der Atemfrequenz hinaus.

Die initiale Reaktion des Körpers auf Hypoxie, also Sauerstoffmangel, ist tatsächlich eine verstärkte Ventilation. Tieferes und schnelleres Atmen (Hyperventilation) führt zu einer erhöhten Sauerstoffaufnahme in der Lunge. Dies ist jedoch nur eine kurzfristige Anpassungsstrategie, da die Hyperventilation auch zu einem Abfall des Kohlendioxidgehalts im Blut (Hypokapnie) führt, was wiederum den pH-Wert des Blutes verändert (respiratorische Alkalose). Der Körper reguliert dies durch eine reduzierte Empfindlichkeit der Chemorezeptoren auf Kohlendioxid.

Langfristig sind weitaus komplexere Anpassungsmechanismen am Werk:

  • Hämatopoetische Anpassung: Die wohl bekannteste Anpassung ist die gesteigerte Produktion roter Blutkörperchen (Erythropoese). Das Hormon Erythropoetin (EPO), welches primär in den Nieren gebildet wird, stimuliert die Bildung von Erythrozyten im Knochenmark. Mehr rote Blutkörperchen bedeuten eine höhere Sauerstofftransportkapazität des Blutes. Dieser Prozess dauert allerdings mehrere Wochen.
  • Veränderungen im Blutplasmavolumen: Parallel zur Erythropoese steigt auch das Blutplasmavolumen an. Dies führt zwar initial zu einer Verdünnung des Blutes (Hämodilution), langfristig verbessert es jedoch die Durchblutung und den Sauerstofftransport im Gewebe.
  • Kapillarisierung und Angiogenese: Um die Sauerstoffversorgung der Gewebe weiter zu optimieren, kommt es zu einer verstärkten Kapillarisierung, d.h. der Bildung neuer Blutgefäße. Dies verbessert die Diffusion von Sauerstoff aus dem Blut ins Gewebe.
  • Zelluläre Anpassungen: Auch auf zellulärer Ebene finden Anpassungen statt. Mitochondrien, die “Kraftwerke” der Zellen, vermehren sich und verbessern ihre Effizienz bei der Energiegewinnung unter Sauerstoffmangel. Zudem werden Enzyme hochreguliert, die den anaeroben Stoffwechsel unterstützen.
  • Myoglobinerhöhung: Ähnlich wie Hämoglobin im Blut, bindet Myoglobin Sauerstoff im Muskelgewebe. Die Myoglobinkonzentration erhöht sich in der Höhenanpassung und sorgt so für einen besseren Sauerstoffpuffer im Muskel.

Die Höhenanpassung ist ein individueller Prozess und die Geschwindigkeit, mit der sich der Körper akklimatisiert, variiert. Faktoren wie Alter, Gesundheitszustand und genetische Veranlagung spielen eine Rolle. Ein zu schneller Aufstieg ohne ausreichende Akklimatisation kann zu Höhenkrankheit führen, deren Symptome von Kopfschmerzen und Übelkeit bis hin zu lebensbedrohlichen Lungen- und Hirnödemen reichen können.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Anpassung an große Höhen ein dynamisches Gleichgewicht darstellt. Bei Rückkehr in tiefere Lagen bilden sich die Anpassungen wieder zurück.