Welcher pH-Wert bei Übersäuerung?

10 Sicht
Der menschliche Körper reguliert seinen pH-Wert präzise. Ein Wert außerhalb des engen Bereichs von 7,35 bis 7,45 deutet auf eine gesundheitliche Störung hin. Unter 7,35 liegt eine Azidose, über 7,45 eine Alkalose vor.
Kommentar 0 mag

Übersäuerung: Wenn der Körper aus dem Gleichgewicht gerät

Der menschliche Körper ist eine fein abgestimmte Maschine, die auf einem präzisen Gleichgewicht beruht. Ein wichtiger Aspekt dieses Gleichgewichts ist der pH-Wert des Blutes, der eng zwischen 7,35 und 7,45 reguliert wird. Weicht dieser Wert von diesem schmalen Korridor ab, spricht man von einer Azidose (pH unter 7,35) oder einer Alkalose (pH über 7,45) – beides Zustände, die auf eine ernsthafte gesundheitliche Störung hinweisen und medizinische Aufmerksamkeit erfordern. Die Aussage „Der Körper ist übersäuert“ ist daher stark vereinfachend und bedarf einer differenzierten Betrachtung.

Es ist wichtig zu betonen, dass der pH-Wert des Blutes streng durch komplexe Puffersysteme, die Atmung und die Nieren reguliert wird. Der Körper verfügt über effektive Mechanismen, um selbst bei erheblichen Stoffwechselprozessen, die zu einer vorübergehenden pH-Verschiebung führen können, den Blut-pH-Wert stabil zu halten. Eine kurzfristige Abweichung vom Idealwert ist also nicht unbedingt ein Zeichen für eine ernsthafte Erkrankung.

Die Rede von einer “Übersäuerung” im Zusammenhang mit Ernährung und Lebensstil bezieht sich meist nicht auf den Blut-pH-Wert, sondern auf den pH-Wert anderer Körperflüssigkeiten wie Urin oder Speichel. Ein leicht saurer Urin (pH-Wert um 6) ist beispielsweise normal. Die Messung des pH-Werts von Speichel oder Urin kann zwar Hinweise auf den Säure-Basen-Haushalt liefern, ist aber kein verlässlicher Indikator für eine gefährliche Azidose. Eine tatsächliche Azidose wird durch Blutuntersuchungen diagnostiziert.

Die Behauptung, dass bestimmte Ernährungsweisen oder Lebensstile zu einer “Übersäuerung” des Körpers führen und Krankheiten verursachen, ist wissenschaftlich umstritten. Während eine unausgewogene Ernährung, Stress und Bewegungsmangel negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben können, ist der Zusammenhang mit einer systemischen Azidose nicht eindeutig belegt. Eine chronisch unausgewogene Ernährung kann zwar zu Stoffwechselstörungen führen, die den Körper belasten, aber der Körper kompensiert diese in der Regel durch seine Regulationsmechanismen. Ein niedriger Blut-pH-Wert ist in solchen Fällen eher ein Symptom der Grunderkrankung als deren Ursache.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Während eine echte Azidose eine ernste medizinische Erkrankung darstellt, die ärztlich behandelt werden muss, ist die vage Aussage “Übersäuerung” oft missverständlich und irreführend. Eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung, ausreichend Bewegung und Stressbewältigung ist wichtig für die allgemeine Gesundheit, aber ersetzt keine medizinische Abklärung bei Verdacht auf eine Säure-Basen-Störung. Bei Sorgen um den Säure-Basen-Haushalt sollte daher immer ein Arzt konsultiert werden. Dieser kann durch Blutuntersuchungen den tatsächlichen pH-Wert des Blutes ermitteln und die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen beurteilen.