Kann man abgemahnt werden, wenn man zu oft krank ist?

10 Sicht
Krankheit ist ein unbeeinflussbarer Zustand. Eine Abmahnung aufgrund häufiger Krankheit ist daher grundsätzlich ausgeschlossen, so Experten. Die Gesundheit hat Vorrang vor arbeitsrechtlichen Verpflichtungen.
Kommentar 0 mag

Krankgeschrieben und abgemahnt? Ein Mythos?

Die Grippewelle rollt, der Magen-Darm-Virus macht die Runde – und plötzlich häufen sich die Krankheitstage. Für viele Arbeitnehmer stellt sich dann die Frage: Kann ich wegen häufiger Krankheit abgemahnt werden? Die kurze Antwort lautet: grundsätzlich nein. Die etwas längere Antwort ist jedoch nuancierter und erfordert einen genaueren Blick auf die arbeitsrechtlichen Gegebenheiten.

Die Aussage, dass Krankheit ein unbeeinflussbarer Zustand ist, ist der Kern der Sache. Arbeitnehmer sind rechtlich nicht dazu verpflichtet, gesund zu sein. Eine Abmahnung aufgrund von Krankheit allein ist daher in aller Regel unzulässig und würde mit hoher Wahrscheinlichkeit im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung scheitern. Das Bundesarbeitsgericht betont immer wieder den Vorrang des Gesundheitsschutzes vor arbeitsrechtlichen Pflichten. Ein Arbeitgeber kann und darf den Arbeitnehmer nicht zwingen, trotz Krankheit seine Arbeitspflichten zu erfüllen.

Aber was ist mit “zu oft”?

Die Schwierigkeit liegt in der Interpretation von “zu oft”. Eine bloße Häufung von Krankheitstagen an sich reicht nicht für eine Abmahnung aus. Der Arbeitgeber muss vielmehr nachweisen können, dass die häufige Abwesenheit missbräuchlich oder fahrlässig ist. Dies ist ein hoher Beweisstandard und in der Praxis sehr schwer zu erfüllen.

Wann kann eine Abmahnung dennoch in Betracht gezogen werden?

Eine Abmahnung aufgrund von häufiger Krankheit ist nur dann denkbar, wenn der Arbeitgeber konkrete Anhaltspunkte für einen Missbrauch hat. Dies könnte beispielsweise der Fall sein bei:

  • Mangelnder oder verspäteter Vorlage von ärztlichen Attesten: Die rechtzeitige Vorlage eines ärztlichen Attestes ist Pflicht. Fehlt dieses oder wird es zu spät eingereicht, kann dies zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen, auch wenn die Krankheit selbst nicht bestraft werden kann.
  • Verdacht auf Vortäuschung von Krankheit: Sollte der Arbeitgeber begründete Zweifel an der Erkrankung haben (z.B. durch widersprüchliche Angaben oder Beobachtungen), kann er dies untersuchen. Ein Nachweis der Vortäuschung von Krankheit ist jedoch schwierig und erfordert in der Regel detaillierte Beweise.
  • Häufige Erkrankungen in Kombination mit sonstigem Fehlverhalten: Häufige Krankheitstage in Verbindung mit anderen arbeitsrechtlichen Verstößen (z.B. wiederholte Verspätungen, mangelnde Arbeitsleistung) können zu einer Abmahnung führen, wobei die Krankheit selbst jedoch nicht der Hauptgrund sein darf.

Fazit:

Eine Abmahnung wegen häufiger Krankheit ist die Ausnahme und nicht die Regel. Arbeitgeber müssen strenge Maßstäbe anlegen und einen Missbrauch oder eine Fahrlässigkeit seitens des Arbeitnehmers nachweisen. Eine gesunde, offene und vertrauensvolle Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist in solchen Situationen entscheidend. Im Zweifelsfall sollte sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber rechtlichen Rat einholen. Die Gesundheit hat Vorrang, das sollte immer im Vordergrund stehen.