Wann darf der Arbeitgeber Krankheit anzweifeln?

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Arbeitgeber können bei auffallend häufigen oder ungewöhnlich kurzen Krankmeldungen sowie bei auffälligen Häufungen von Arbeitsunfähigkeiten zu Wochenbeginn oder -ende Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit hegen. In solchen Fällen ist gemäß § 275 SGB V eine Überprüfung der Krankschreibung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) zulässig, um die Rechtmäßigkeit der Arbeitsunfähigkeit zu klären.

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Krankmeldung angezweifelt: Wann darf der Arbeitgeber misstrauisch sein?

Die Krankmeldung des Mitarbeiters – ein heikles Thema für Arbeitgeber. Während Respekt vor der Privatsphäre des Erkrankten selbstverständlich ist, liegt auf der anderen Seite die Verantwortung für den reibungslosen Betriebsablauf. Wann aber darf ein Arbeitgeber die Echtheit einer Krankschreibung tatsächlich anzweifeln, und welche Schritte sind dann zulässig? Ein klares “Nie” gibt es nicht, denn die Rechtslage ist komplex und einzelfallabhängig.

Die reine Häufigkeit von Krankheitstagen allein reicht nicht aus, um Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit zu rechtfertigen. Vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht auf Missbrauch nahelegen. Dies kann in folgenden Situationen der Fall sein:

  • Auffällig häufige und kurzfristige Krankmeldungen: Eine häufige Abfolge von kurzen Krankschreibungen, beispielsweise ein bis zwei Tage pro Woche, kann den Verdacht auf Simulation wecken. Besonders kritisch wird es, wenn diese immer an bestimmten Wochentagen – beispielsweise montags oder freitags – konzentriert sind. Hier deutet sich ein möglicher Missbrauch an, da die Arbeitsunfähigkeit nicht der objektiven gesundheitlichen Situation entspricht.

  • Ungewöhnliche Häufung von Erkrankungen: Wiederholte Krankmeldungen aufgrund scheinbar immer wiederkehrender, ähnlicher Erkrankungen, ohne erkennbare Therapiefortschritte, können ebenfalls Anlass zur Skepsis geben. Ein Arztbesuch und ein Attest allein genügen nicht, wenn die Krankheitsbilder und ihre Häufung nicht nachvollziehbar sind.

  • Widersprüchliche Angaben: Stimmt die Darstellung der Erkrankung im Arbeitsumfeld nicht mit den Angaben gegenüber dem Arzt überein, kann dies ein Warnsignal sein. Ähnlich verhält es sich bei Informationen, die auf sozialen Medien oder in der Öffentlichkeit eine andere Darstellung der Situation liefern. Dies bedarf jedoch eines differenzierten Abwägens, um den Persönlichkeitsschutz des Mitarbeiters nicht zu verletzen.

  • Verhalten des Mitarbeiters: Ein auffälliges Verhalten des Mitarbeiters, beispielsweise Aktivitäten in der Freizeit, die der angegebenen Arbeitsunfähigkeit widersprechen, können ebenfalls zur Prüfung der Krankmeldung führen. Auch hier ist jedoch Vorsicht geboten und der Datenschutz zu beachten. Beweise müssen stichhaltig und nachweisbar sein, reine Vermutungen reichen nicht aus.

Die Rolle des Arbeitgebers:

Der Arbeitgeber darf keine eigenständige Untersuchung der Arbeitsunfähigkeit durchführen. Er hat keinen Zugriff auf die medizinischen Daten des Mitarbeiters. Seine Rolle beschränkt sich auf die Beobachtung und die Bewertung von Auffälligkeiten. Bei begründetem Verdacht kann der Arbeitgeber jedoch die Krankenkasse informieren. Diese kann dann den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) einschalten, der die Rechtmäßigkeit der Arbeitsunfähigkeit prüft.

Fazit:

Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse an der Aufrechterhaltung des Betriebsablaufs. Jedoch muss er bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit stets den Persönlichkeitsschutz des Mitarbeiters und die geltenden Datenschutzbestimmungen beachten. Eine reine Intuition reicht nicht aus. Es müssen handfeste Anhaltspunkte für einen möglichen Missbrauch vorliegen, um rechtlich zulässige Maßnahmen einzuleiten. Im Zweifelsfall sollte stets eine rechtliche Beratung in Anspruch genommen werden. Denn der Versuch, die Krankmeldung eigenmächtig zu überprüfen, kann zu rechtlichen Konsequenzen für den Arbeitgeber führen.